Wie Qualitätsjournalismus überleben kann

Martin Oswald
2 min readOct 8, 2017

Komplexe Analysen zur Medienkrise gibt es viele. Hier eine stark verkürzte und vereinfachte.

Klassiker: Zeitungspapier zum Schuhe trocknen. Bild: homehacks.com

Vier Grundvoraussetzungen zum Überleben:

Die Aufgabe der Medien

  • Fürs Zielpublikum relevante, gut recherchierte und attraktiv aufbereitete Inhalte.
  • Eine kinderleichte Bezahllösung, die für den zahlungsbereiten Leser/User keinen Aufwand bedeutet.

Die Haltung der Konsumenten

  • Die Bereitschaft, für qualitativ hochwertigen und damit redaktionell aufwändigen Journalismus Geld zu bezahlen.

Die Verantwortung der Werber

  • Werbebudgets, die sich nicht nur auf Google und Facebook verteilen, sondern für regionale Angebote auch regionale Medien berücksichtigen.

Machen die Medien ihren Job nicht gut genug, dann bezahlen Leser auch kein Geld dafür. Ohne ausreichend grosse Leserschaft ist der Medientitel unattraktiv für die Werber. In beiden Fällen stirbt das Medium mangels Finanzierung. (Ausnahme; er wird gesponsert oder querfinanziert)

Der Qualitätsjournalismus ist also im wesentlichen von drei Faktoren bedroht:

1) Von der eigenen publizistischen Fähigkeit.

2) Von der Gratiskultur im digitalen Zeitalter.

3) Von grossen Playern wie Facebook und Google mit Discount-Preisen und attraktivem Targeting.

Klingt so, als wären Medienhäuser in den Punkten 2 und 3 machtlos. Falsch. Solange journalistisch aufwändige Inhalte gratis angeboten werden, entwickelt sich keine Bezahlkultur. Je mehr Verlage Bezahlmodelle einführen, desto eher wird sich das ändern. Und um Facebook und Co. als globale Werbeplattformen zumindest im Regionalen die Stirn zu bieten, müssen Verlage ihre Leser besser kennen. Je besser diese erfasst und in ihrem Nutzungsverhalten analysiert werden, desto eher lassen sich personalisierte Angebote entwicklen. Das wiederum macht die eigene Plattform attraktiver für Werber, die mit ihren Produkten spezifische Zielgruppen ansprechen wollen.

Embrace Technology

Guter Journalismus allein führt somit nicht in die Zukunft. Journalismus und Technologie müssen sich in jedem Verlag auf Augenhöhe begegnen. Jede Redaktion, die auf 100 Journalisten nur 1 Datenspezialisten oder Programmierer zählt, verkennt die Zeichen der Zeit. Gute Texte, Videos oder Audios sind nur die halbe Miete. Solange Inhalte das richtige Publikum nicht zur richtigen Zeit auf dem richtigen Kanal erreichen und kein Geld einbringen, genügen sie gerade noch einem idellen Selbstzweck.

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Martin Oswald

Projektleiter Digitale Transformation CH Media, Journalist, Dozent für Social Media & Digital-Strategie